Emanuel Gebauer: Fritz Schaller. Der Architekt und sein Beitrag zum Sakralbau im 20. Jahrhundert (= Stadtspuren 28), Köln 2000 (ISBN: 3-7616-1355-5); Phil. Diss. Mainz 1995: Das "Thing" und der Kirchenbau. Fritz Schaller und die Moderne 1933 - 74


Bisher sind drei Buchkritiken (aus Landesgeschichte, Architektur und Liturgietheologie) zu dieser Publikation erschienen:

a) Maria Heer, in: Neues Rheinland, 12/2000 
b) Dr. Ludger Fischer, in: Baumeister (B10) 10/2001
c) Dr. Walter Zahner, in: Das Münster  4/ 2001, 395 f.

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Fritz Schallers Leben und Werk im Kontext politischer und Kirchen-Geschichte

Vom Thingplatz zum katholischen Sakralbau

Architekturgeschichte ist Zeitgeschichte: Einen überzeugenden Beweis mehr liefert die Dissertation des Kunsthistorikers und Bauforschers Emanuel Gebauer, die Kölns Stadtkonservator Ulrich Krings in sehr repräsentativer Weise herausgebracht hat. Die enorm umfangreiche, vielschichtige Arbeit ist in klarer, nüchterner Sprache abgefasst und geradezu pedantisch gegliedert - das aber verdeckt nicht den Sprengsatz samt Wechselbad der Gefühle, den der Inhalt birgt.

Der Autor hat Leben und Bauten des Architekten Fritz Schaller erforscht, und dessen Arbeit begann im Dritten Reich mit prominenten Aufträgen und kulminierte in den 50er- bis 70er-Jahren, in denen ein gewaltiges Werk vor allem im Sakralbau entstand. Diese Produktivität zwischen 1930 und 1970 führt mitten hinein in die immer noch tabuisierten Fragen nach der geistigen Kontinuität zwischen NS-Zeit und "Neubeginn". Dass die vielberufene "Stunde Null" von 1945 ein Märchen ist, wurde vielfach belegt. Höchst spannend aber ist das Unternehmen, den Weg einer lebenden Künstler-Persönlichkeit - der heute 96-jährige ist vollkommen präsent - über die brisanten Geschichtsbrüche hinweg zu verfolgen.

Biografie und Aufgaben werden miteinander verquickt vor dem Hintergrund präziser Schilderungen der historischen Konstellation, in der die berufliche Entwicklung sich vollzog. Der gebürtige Berliner studierte an der Technischen Hochschule Karlsruhe und kam 1929 zum Preußischen Hochbauamt. Ende 1933 war er bereits selbstständig, seine wichtigsten Aufträge bezog er von der NS-Organisation "Amt Schönheit der Arbeit". Die Ästhetik der "Gigantomanie" habe er, seit 1937 Parteimitglied, stets abgelehnt, so Schaller; aber die "Thing-Bewegung" - chorisches Massentheater als Gemeinschaftserlebnis - unterstützte er als führender Entwerfer geeigneter Spielstätten. Hunderte von Thing-Bühnen wurden 1933/34 geplant und viele gebaut, bis das Propagandaministerium 1935 den Begriff "Thing" verbot. In einer differenzierten Analyse legt der Autor dar, dass gerade in dieser Zeit die Begeisterung für Prozessionen und Wallfahrten sprunghaft wuchs und das Thingspiel, ursprünglich gegründet in der Katholischen Arbeiterbewegung, der NS-Diktatur zu wenig beherrschbar erschien.

Schaller, "unabkömmlich" gestellt durch Mitarbeit an den Anlagen der Heinkel-Werke in Berlin, erhielt 1947 die Einladung von Rudolf Schwarz, in der "Wiederaufbaugesellschaft" in Köln mitzuwirken. Von da an war er "Rheinländer", mit einem eigenen Architekturbüro in Köln ab 1949. Von diesem "Kraftzentrum" (Krings) gingen die wesentlichen Impulse für den neuen katholischen Kirchenbau in Deutschland aus. Der Autor stellt 64 Entwürfe und 30 realisierte Projekte vor, darunter "klassisch" gewordene Bauten im gesamten Erzbistum. Die berüchtigte Domumgebung - die "Domplatte" - wird nicht ausgespart: Die hier aufgerollte Vorgeschichte lässt den Zeitgeist aufleben und fördert das Verständnis für die Planung.

Die Schlussinterpretation gilt dem Sakralbau als prägendem Element rheinischer Architektur zwischen Moderne und Postmoderne.

Maria Heer, in: Neues Rheinland, 12/2000


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Emanuel Gebauer: Fritz Schaller. Der Architekt und sein Beitrag zum Sakralbau im 20. Jahrhundert, Köln 2000

Den Zusammenhang muss man erst einmal erkennen: Mit einem Hang zur "Inszenierung des Utopischen" entwarf Fritz Schaller (geboren 1904) Kirchen so gut wie Kultstätten des Nationalsozialismus. Mit einer "Thing"-Stätte für Köln hätte Schaller dieser irdischen Macht eine ebenso spektakuläre Bühne zur Verfügung gestellt, wie er sie in den Jahren 1945 bis 1974 vielfach für den himmlischen Heilsplan schuf.

Als "Entwurfs- und Bauleiter" war Schaller an der Aufsehen erregenden Düsseldorfer St. Rochus-Kirche Paul Schneider-Eslebens von 1953 beteiligt, entwarf neben vielen weiteren Kirchen St. Johannes in Leverkusen-Alkenrath, das Priesterseminar in Essen-Werden, das Aachener Kreishaus, das Leverkusener Stadthaus und die Kölner Domplatte. Mit lockeren Gruppierungen einzelner Pavillons, Kapellen, Höfe und Laubengänge, mit geknickten und sich verjüngenden Betonstützen, mit filigran verarbeiteten Materialien schuf Schaller spannende Räume und städtebauliche Situationen. Die Qualität dieser Materialverarbeitung wird heute nicht immer erkannt und häufig durch klobige Um- und Anbauten entstellt.

Die Sakralbauten Schallers würdigt nun erstmals kritisch eine Publikation in der Reihe "Stadtspuren, Denkmäler in Köln". Emanuel Gebauer geht nach intensiven Gesprächen mit dem Architekten dessen Entwurfsideen auf den Grund, die er vor allem in einer Reflexion literarischer Grundlagen nachweisen konnte. Dass sich im katholischen Kirchenbau nach dem Krieg Altarbereich und Gemeinderaum durchdringen, "Spielebenen" und Gesangstribünen über vielfältige Treppenbauten mit dem Zentralraum verbunden sind, lässt sich danach zumindest teilweise als Nachklang der inszenierten Volksgemeinschaft der Dreißiger Jahre verstehen.

Dr. Ludger Fischer, für: Baumeister (B10) 10/2001


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Auszüge aus: Gottes Häuser sind Häuser für die Menschen - Neuere Literatur zum Kirchenbau - ein Überblick

"... Sämtliche vorgestellten Bücher in eine einheitliche Linie einzuzwängen wäre vermessen. Und doch fällt eine gewisse Häufung hervorragend recherchierter Arbeiten in den letzten Jahren auf." -

(Die  nachfolgend besprochene  Arbeit) "... beschäftigt sich mit Fritz Schaller, dem 1904 geborenen Baumeister ( ... ) Sehr interessant ist das (...) Kapitel über das Thing. Ursprünglich als Theaterplätze `zur Inszenierung der Volksgemeinschaft´ geplant (S. 56), führen Sie Schaller zu ersten konkreten Überlegungen für `Feierstätten der Gemeinschaft´ (S. 58). Auch wenn Gebauer der vom Kölner Theologen Robert Grosche gezogenen Analogie zwischen kirchlicher Liturgie (hier im Anschluss an Romano Guardinis Rede von der `Liturgie als Spiel´ [in: Vom Geist der Liturgie, 1918]) und Theaterplatz distanziert gegenübersteht, sind seine Interpretationen des Things als vorläufige Kirchenbauten und die Hinweise auf erste kirchliche Massenliturgien sehr bedenkenswert (S. 70-78). Zumindest die Northeimer Bühne hatte einen veritablen Altar (vgl. Abb. 39), und außerdem ist das frühe Ende der Thing-Bewegung, 1934/35, auch der Tatsache geschuldet, dass eine Verbindung zur Kirche insbesondere der Liturgischen Bewegung bestand, die wiederum die nationalsozialistischen Machthaber nicht befördern wollten (S. 77). Über Rudolf Schwarz´ Buch `Vom Bau der Kirche´, 1938, in dem dieser alle Zentralbaumotive – und somit auch das Thing – als `eine gewisse Antithese zum christlichen Kirchenbau´ ansieht (S. 80), wirkt – laut Gebauer – diese Überlegung auch im Nachkriegskirchenbau weiter. Sie wird aber erst mit dem II. Vaticanum wieder verstärkt. Als Beleg dient Gebauer hier Schallers Spätwerk, v. a. dessen Wuppertaler Kirchen, 1963-74 (S. 387). Des weiteren entwickelt Gebauer die für einige von Schallers frühen Kirchen charakteristische querachsige Wegführung, Eingänge durch Seitentüren, aus den frühen Thingplanungen, die geradeso keine durchgehende Längs-, sondern eigens betonte Querachsen haben. Auch die Einfügung von Treppenwerken und räumlichen Dramatisierungen durch Mauerzungen oder Stützenstellungen führt er auf dessen Thingarchitekturen zurück (S. 390-97). Das alles ist hochinteressant. Hier müsste im einzelnen nachgeforscht, weitere Vergleiche angestellt werden – etwa, ob sich bei anderen Thingarchitekten wie "Otto Bartning, Peter Behrens, Emil Fahrenkamp, Fritz Höger oder Helmut Hentrich" (S. 56) ähnliche Zusammenhänge aufzeigen lassen.   (  ...  ) Gebauer gelingt eine spannende, das Gespräch anregende und im Blick auf Fritz Schallers Werkentwicklung konzise Darstellung eines exemplarischen Kirchenbauschaffens."

Dr. Walter Zahner, in: Das Münster 4/2001, 395f.


... und d)                     hier zum Inhaltsverzeichnis                           hier  zum Personen- und Ortsregister

"... Umfangreiche und hervorragend gestaltete Darstellung des Lebenswerkes des Kölner Architekten Firtz Schaller mit besonderer Betonung seines Beitrages zum Sakralbau ..."  

Köln im Buch, Kunst & Architektur 2001

 

 

 

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